Winterwandern: 3 Gipfeltouren im Bayerischen Wald
Ernüchterung beim Checken des Loipenberichts: Keine einzige gespurte Loipe. Doch deshalb den geplanten Kurzurlaub absagen? Keinesfalls!
Geplant war eine Woche Langlaufen im Bayerischen Wald. Ernüchterung beim Checken des Loipenberichts: Keine einzige gespurte Loipe. Doch deshalb den geplanten Kurzurlaub absagen? Keinesfalls! Anstatt Langlaufski packen wir Wanderschuhe und Grödel ein und freuen uns auf sieben Tage im größten zusammenhängenden Waldgebiet Europas.
Tour 1: Himmelsleiter zum Lusen
- 7 km / Aufstieg: ca. 530 hm / Dauer: ca. 4,5 Stunden
Aussichtsreiche Wanderung über das Teufelsloch und das Steinerne Meer auf den Lusen (1.373 m), den dritthöchsten Gipfel im Nationalpark Bayerischer Wald.
Ausgangs-/Endpunkt
Parkplatz Waldhäuser-Ausblick (1.040 m) – Anfahrt über die Nationalparkstraße zwischen Spiegelau und Neuschönau bei Graupsäge nach Waldhäuer abbiegen. Im Sommer ist die Anreise auch mit öffentlichem Nahverkehr „Igelbus“ möglich.
Wegbeschreibung
Für unsere Rundwanderung folgen wir zunächst der Markierung „Zaunkönig“ und steigen zunächst einen Waldweg hinab in Richtung Martinsklause, die wir nach etwa 30 Minuten erreichen. Mit 975 m ist die kleine Hütte am ehemaligen Triftspeichersee zugleich der tiefste Punkt unserer Tour.
Ab hier weist uns die Markierung „Ranne“ den Weg in Richtung Lusengipfel. Von nun an steigen wir bergauf zum sagenumwobenen Teufelsloch. Der Weg führt uns auf schneebedeckten und teils vereisten Stufen durch das Blockmeer aus Granit und nach etwa 45 Minuten erreichen wir das Teufelsloch (1.100 m), in dem das ansonsten sichtbare Wildwasser unterirdisch verläuft.
Schritt für Schritt tauchen wir mehr in die fantastische Winterlandschaft ein. Weiter geht es auf Holzstegen, die im Sommer die einzigartige Weideröschenlandschaft vor zu vielen Wanderschuhen schützen. Aktuell lassen sich die Holzbohlen nur erahnen, 30-40 cm Schnee bedecken den Steg und die umliegende Landschaft.
Winterwonderland Holzsteg durch den Nationalpark
Wir erreichen die „Glasarche“, ein Skulptur aus Glas und Holz, das an die Glastradition in der Region erinnert. Über die Himmelsleiter marschieren wir schnurstracks geradeaus auf dem Sommerweg auf den Lusen und das Gipfelkreuz zu. Der Weg ist steil und durch den festgetretenen Schnee nicht ganz leicht zu gehen.
Hochwaldbereich am Lusen
Insbesondere im Gipfelbereich des Lusen hat der Borkenkäfer deutliche Spuren hinterlassen und eine bizarre Landschaft geschaffen. Ein neuer Wald mit überwiegend Buchen und Vogelbeerbäumen schiebt sich nach und nach von den Tallagen her allmählich wieder bergwärts vor.
(Quelle: Nationalpark Bayerischer Wald)
Den Lusengipfel stets im Visier. Bis dahin sind es noch ein paar Höhenmeter.
Auf dem Lusengipfel (1.373 m) genießen wir einen fantastischen Rundumblick. Die Sicht reicht heute sogar bis in die Alpen, die zum Greifen nah scheinen.
Der Blick vom Lusengipfel heute ist herrlich.
Nach einer ausgiebigen Rast wenig unterhalb des Gipfels erfolgt unser Abstieg über den Winterweg, vorbei am bewirtschafteten Lusenschutzhaus zum Lusenparkplatz bzw. Waldhäuser-Ausblick. Auf unserer Aufstiegsroute, die etwas länger und anspruchsvoller als die Route über den Winterweg ist, treffen wir nur ab und zu andere Wanderer. Ganz anders sieht dies am Lusenschutzhaus aus.
Winterlicher Hochbetrieb am Lusenschutzhaus.
Fazit
Wunderschöne Rundtour, die auch im Winter gut machbar ist. Der Aufstieg über die Martinsklause und das Teufelsloch ist abwechslungsreich und sehr kurzweilig. Gut gefallen haben uns auch die Holzstege und der knackige Aufstieg zum Gipfel, dessen Gipfelkreuz man schon länger im Visier hat. Der Abstieg (Winterweg) erfolgt auf einem breiten Forstweg. Hier muss man an sonnigen Tagen und am Wochenende mit vielen Wanderen und Schlittenfahrern rechnen.
Praktische Tipps
Essen & Trinken
Bayerische Brotzeit und gut bürgliche Küche im Lusenschutzhaus
Informationen
Tourismusbüro Neuschönau
Kaiserstraße 13
94556 Neuschönau
Tel. 08558/960328
info@neuschoenau.de
www.neuschoenau.de
Tour 2: Grenzkamm am Dreisessel
- 12,5 km / Aufstieg: ca. 420 Hm / Dauer: ca. 4,5 Stunden
Großartige Granitfelsen begleiten uns auf dieser anspruchsvollen Runde über sonnige Höhenlagen zu lohenden Aussichtspunkten in Deutschland, Tschechien und Österreich.
Ausgangspunkt
Wanderparkplatz Dreisessel (1.230 m). Von Norden über Philippsreut, von Süden via Neureichenau, jeweils bei Frauenberg abbiegen und bis zum oberen Ende der Bergstraße.
Wegbeschreibung
Ab dem Wanderparkplatz gehen wir zunächst die Asphaltstraße bergan. Bereits nach 10 Minuten erreichen wir den Dreisesselfelsen (1.312 m). Vereiste Steinstufen führen auf eine kleine Aussichtsplattform, von wo aus wir bereits zu Beginn unserer Tour einen atemberaubenden Ausblick auf den Bayerischen Wald genießen.
- Das Berggasthaus Dreisessel liegt direkt am Fuß der Aussichtsplattform – ideal also für eine Rast vor oder nach Touren im Dreisesselgebiet.
Die Bergstraße führt zum Dreisesselfelsen.
Fotostation am Dreisesselfelsen
Weite Ausblicke vom Dreisesselgipfel auf 1.312 m.
Die Einkehr heben wir uns für später auf. Purer Sonnenschein lockt uns auf unsere Rundtour. Dafür steigen wir vom Berggasthaus wieder auf der Asphaltstraße ab bis wir zur Wegkreuzung kommen, von wo aus mehrere kürzere und längere Wanderungen ausgeschildert sind.
Zahlreiche Schilder weisen den Weg. Immer wieder Aussicht genießen.
Wir entscheiden uns, über den Hochkamm zum Bayerischen Plöckenstein (1.364 m) und zum Dreiländereck zu gehen. In leichtem Auf und Ab genießen wir die Winterlandschaft und die Fernsicht. Einmal mehr wird uns die Größe des Nationalparks Bayerischen Walds bewusst. Nach etwa 45 Minuten erreichen wir den Gipfel und wenige Meter weiter das Dreiländereck, wo wir eine kurze Tee- und Vesperpause einlegen.
Das Wetter ist traumhaft und es wäre in der Tat schade, nun schon den Rückweg anzutreten. Wir folgen von nun an dem Wegweiser zum Österreichischen Plöckenstein (1.378 m), … denken wir zumindest!
… weiter zum Plechy (tschechich für Plöckenstein).
Was uns weiter später jedoch etwas stutzig macht, ist die nunmehr ausschließlich tschechische Beschilderung. Wir denken uns jedoch nichts und marschieren zügig weiter.
Unfreiwillig ein bißchen weiter…
An einem weiteren Abzweig sind wir überzeugt davon, dem Weg weiter in Richtung Plöckensee folgen zu müssen. Dies stellt sich im Nachhinein als falsch heraus! Hätten wir einen Blick auf die Tourenbeschreibung geworfen, so hätten wir spätestens jetzt gemerkt, dass hier etwas nicht stimmt… haben wir aber nicht! Also stapfen wir schnellen Schrittes etwa eine geschlagene Stunde bergab. Das fühlt sich nicht richtig an, aber umkehren und auf dem selben Weg zurück möchten wir auch nicht.
Auf der Höhe des Plöckensteiner Sees angekommen, erreichen wir endlich Wegweiser und das österreichische Grenzhäuschen. Hier gibt es für uns heißen Tee aus der Thermoskanne, ein paar Nüsse und etwas Schokolade.
Nach dem Abstieg ist vor dem Aufstieg
Wir schnaufen einmal kurz durch und machen uns dann auf den Weg in Richtung Dreisessel (1.312 m). Dank unseres „Abstechers“ verlängert sich unsere Tour um 6-7 km. Auf dem teils verschneiten, vereisten Weg kommen wir nur langsam voran. Das ungleichmässige Gehen kostet Kraft und Zeit – die Stimmung auf der Tour war definitv schon besser.
Nach etwa einer Stunde kommen wir zum ersten Wegweiser, der uns anzeigt, dass wir richtig sind. Die Motivation steigt wieder etwas und bereits kurze Zeit später erreichen wir die Abzweigung zum „Goldenen Steig“, der uns zum Dreisessel führt.
Wandertipp Goldsteig
Der Goldsteig ist ein Fernwanderweg, der auf insgesamt 38 Etappen und 660 Kilometern durch den Bayerischen Wald, Böhmen sowie den Oberpfälzer Wald führt. Er gehört zu den Top-Trails of Germany und somit zu den 15 schönsten Wanderwegen in Deutschland.
Inzwischen ist es 15:00 Uhr und die Sonne sinkt tiefer. Der Goldsteig schlängelt sich in sanftem Auf und Ab durch den Nationalpark. Wir befinden uns etwa 50-100 Höhenmeter unterhalb des parallel verlaufenden Höhenwegs, den wir auf dem Hinweg gegangen sind. Die Sonne scheint uns ins Gesicht und der Schnee glitzert. Jetzt sind wir sehr froh, dass wir diese Stimmung genießen dürfen. Wir erleben ein fantastisches Lichtspiel mit wunderbaren Ausblicken. Mit unseren Kameras versuchen wir, die schönsten Augenblicke festzuhalten…
Die letzte Stunde unserer Wanderung im Dreiländereck Deutschland, Tschechien und Österreich geht sich fast wie von selbst. Vergessen sind die Extra-Kilometer und -Höhenmeter, fast das Gegenteil behaupten wir jetzt! Denn hätten wir uns nicht verlaufen, so wären wir für diese einzigartige Stimmung viel zu früh wieder am Ausgangspunkt Dreisesselparkplatz angekommen.
Mit diesen Bildern beenden wir unseren heutigen Wandertag.
Fazit
Das Dreisesselgebiet bietet jede Menge aussichtsreiche Wandertouren für unterschiedliche Anforderungen. Bei klarer Sicht hat man einen Panoramablick auf große Teile des Bayerischen Wald und Böhmen. Aus Unachtsamkeit haben wir uns verlaufen, nächstes Mal schauen wir definitiv besser auf die Beschreibung und Ausschilderung!
Praktische Tipps
Essen & Trinken
Direkt am Ausgangs-/ Endpunkt der Wanderung, am Dreisessel liegt der Berggasthof Dreisessel – aus eigener Erfahrung können wir den Germknödel und den Kaiserschmarrn sehr empfehlen.
Informationen
Tourismusbüro Neureichenau
Dreisesselstraße 8
94089 Neureichenau
Tel. +49 (0) 8583 960120
tourismus@neureichenau.de
www.neureichenau.de
Tour 3: Der Höchste im Nationalpark Bayerischer Wald
- 10,5 km / Aufstieg: ca. 500 m / Dauer: 4-5 Stunden
Wanderung auf den Großen Rachel (1.453 m), den höchsten Berg im Nationalpark Bayerischer Wald. Weitreichende Blicke über den Bayerischen- und Böhmerwald Wald bis in die Alpen begleiten uns den ganzen Tag…
Ausgangs-/ Endpunkt
Park & Ride Parkplatz in Gfäll, einem Ortsteil von Spiegelau. Im Sommer ist die Zufahrt in den Nationalpark für private PKWs nicht möglich und Gfäll nur mit dem Igelbus erreichbar. Im Winter fahren die Igelbusse nicht und man kann mit dem Auto bis nach Gfäll fahren.
Wegbeschreibung
Heute folgen wir dem Rundweg „Auerhahn„, gehen die Tour allerdings gegen den Uhrzeigersinn. In dieser Variante führt uns der Wanderweg zunächst relativ gerade auf einem etwa handtuch-breiten Pfad durch den Wald und vorbei an der Schutzhütte Feistenberg.
Rundtour auf den Großen Rachel… …durch verschneiten Wald.
Ab hier geht es nun leicht bergan in nordöstliche Richtung zum Rachelsee (1.071 m). Nach der Überquerung des Seebach treffen wir einen Winterwanderer, der den Rachelgipfel an diesem Traumtag zum Sonnenaufgang bestiegen hatte. Gerade auf dem Rückweg seiner Tour, rät er uns, ab dem Rachelsee nicht den Normalweg, sondern den kleinen Steig am See entlang zu wählen. Um Tipps von Locals sind wir immer sehr froh, zumal die Besteigung des Großen Rachel heute ein beliebtes Ziel zu sein scheint…
Auf zum Rachelsee, 1.071 m.
Nach ein paar Höhenmetern erreichen in wenigen Minuten den idyllisch gelegenen Rachelsee mit seiner dunkelbraun gefärbten Wassroberfläche. An seinem Ufer laden einige Holzbänke zum Verweilen ein. Auch wir gönnen uns einen Tee und eine kleine Brotzeit und weisen einen anderen Wanderer freundlich darauf hin, seinen soeben in die Landschaft geworfenen Zigarettenrest, doch bitte mitzunehmen, was er zu unserer Freude dann auch tut!
Ab dem Rachelsee folgen wir nun dem schmalen Wanderpfad, der zunächst an der rechten Uferseite entlang verläuft. Nach wenigen Metern entfernt sich der Steig vom Ufer und biegt mehr und mehr in den Wald ein und steigt steiler an. Bis zum Rachelgipfel (1.453 m) sind es ab hier rund 350 Höhenmeter.
Bald schon mündet der Wanderpfad wieder auf dem Normalweg, der mit dem Symbol Auerhahn gekennzeichnet ist. Wir gewinnen rasch an Höhe und der Wald lichtet sich. Immer mehr weicht das Grün einer Totholzwüste.
Immer dem Auerhahn hinterher. Heißer Ingwertee – köstlich!
Der Borkenkäfer im Bayerischen Wald
Wie im Lusengebiet und vielen anderen Regionen im Nationalpark Bayerischen Wald war auch in dieser Region der Borkenkäfer stark am Werk und hat die alten Bergfichten auf großen Flächen abgetötet. Dies ist mitunter die Folge, der im Nationalpark gelebten Devise, die Natur sich selbst zu überlassen. Zwischen all den toten Bäumen kämpfen sich unzählige Triebe junger Nadelbäume langsam zum Licht nach oben.
Der Große Rachel ist von hier aus bereits gut zu sehen. Ebenso die noch vor uns liegenden Höhenmeter. Von hier aus geht es nochmals richtig steil bergan. Immer wieder halten wir kurz an, um die Aussicht zu genießen. In der Ferne erkennen wir unter anderem den Watzmann.
Dem Borkenkäfer „verdanken“ wir die Aussicht vom Bergrücken aus.
Wir steigen auf verschneiten Felsblöcken bergauf und erreichen den Rachelgipfel (1.453 m). Weit reicht die Sicht auf die schier endlosen Wälder des Böhmerwaldes im angrenzenden Nationalpark Šumava.
Wenige Meter unterhalb und auf der anderen Seite des Gipfelfelsens suchen wir uns einen windgeschützten Platz zum Pausieren und genießen auch hier die wärmende Wintersonne und die traumhaften Ausblicke mit Alpenpanorama.
Perfekter Pausenplatz: Windgeschützt, aussichtsreich und sonnig.
Unser Abstieg führt uns nach Südwesten über Stock und Stein relativ steil abwärts und erreichen in wenigen Minuten das Waldschmidthaus. Auch hier zeigen unsere Grödel, was sie können. Dank unseren Schneeketten für die Schuhe haben wir sicheren Halt auf dem festgetretenen Schnee und Eis.
Equipment des Tages: Grödel Spikes für Wanderschuhe für sicheren Halt!
Auf dem breiten, nicht allzu steilem Weg kommen wir gut voran und in etwas mehr als 30 Minuten erreichen wir unseren Ausgangspunkt, den Parkplart in Gfäll.
Fazit
Abwechslungsreiche Wanderung, die im Winter gut zu gehen ist. Wir haben die Tour entgegen dem Uhrzeigersinn gemacht und können diese Variante empfehlen. Der Weg über den Rachelsee und den abwechslungsreichen, teils steilen Aufsteig auf den Gipfel auf dem Hinweg zu bestreiten, ist aus unserer Sicht sehr sinnvoll. Der Abstieg über das Waldschmidthaus geht schnell und ist weniger spannend.
Praktische Tipps
Essen & Trinken
Im Winter keine Einkehr möglich. Verpflegung mitnehmen!
Knapp 100 Höhenmeter unterhalb des Gipfels befindet sich das Rachelschutzhaus, auch Waldschmidthaus genannt. Im Winter geschlossen.
Informationen
Tourist-Information Spiegelau Konrad-Wilsdorf-Str. 1 94518 Spiegelau Tel +49 (0) 8553 8919110 spiegelau@ferienregion-nationalpark.de www.bayerischer-wald.de
Unsere Unterkunft
Wir waren für sieben Tage im Säumerhäusl in Bischofsreut untergebracht. Das ist ein kleines, freistehendes Ferienhäuschen mit zwei separaten Schlafzimmern, einem geräumigen Wohn-/ Essbereich und Badezimmer sowie separater Toilette. Das Häuschen war für unsere Zwecke perfekt und ist modern renoviert und sehr hochwertig mit allem ausgestattet, was man in einer Ferienwohnung erwartet. Die Vermieter, Familie Grimbs, sind herzliche und sehr hilfsbereite Gastgeber. Wir haben uns sehr wohl gefühlt.