Ein 4-Tages-MTB-Rennen in der Wüste Israels. Warum nicht?
Warum nicht der Einladung eines Bekannten auf ein 4-Tages-MTB-Rennen in der Wüste Israels folgen? Ein Erfahrungsbericht.
Samarathon, ein Erfahrungsbericht.
Ziemlich verrückte Arbeitskollegen habe ich. Das Gute daran ist, dass die auch ziemlich gute Stories liefern. Ein Gastbeitrag meines Kollegen André.
„You should come to Israel and see how we do mountainbiking, we have also really tough races going on.“ Das waren die Worte von Raz nachdem er einen Tag auf meiner Arbeit zu Gast war und ich Ihm eine Produktschulung unserer Fahrrad-Getriebeschaltung gegeben hatte. „Ok, warum eigentlich nicht? Was spricht dagegen, wenn ich mich als Nicht-Wintersportler im vermeintlich schmuddeligen und nass-kalten Februar für ein paar Tage ins sonnig-warme Israel verdrücke und mir mal anschaue, wie sich es dort biken lässt?“ – dachte ich mir.
Die Freundlichkeit und Großzügigkeit mit der er mich zu sich einlud, war schon sehr beeindruckend und schnell war mir klar, dass das nicht einfach so lapidar daher gesagt war, sondern tatsächlich von Herzen kam. Es stellte sich heraus, dass man für relativ wenig Geld nach Israel fliegen kann. Ausrede gab es also wirklich keine mehr.
Mein Rennpartner Danny, der mir von Raz vermittelt wurde, lud mich sehr großzügig in sein Haus in der Nähe von Tel Aviv ein. Das nahm ich dankend an und nutze die vier Tage, die mir vor dem Rennstart hier verblieben, um mich zu aklimatisieren und mir Tel Aviv und das Umland anzusehen. Ziemlich praktisch, dass ich mein eigenes Bike dabei habe…
4 Tage Samarathon
Der Samarathon ist ein 4-Tages-Etappenrennen, das seit 2015 jährlich im Februar in der Wüste Negev in Israel stattfindet. Lizenz-Fahrer können hier UCI-Punkte erwerben, dementsprechend hochkarätig besetzt ist das Starterfeld.
1. Etappe: Ketura – Ketura
Der erste Tag startete mit einem kurzen Prolog im Kibuz Ketura. 20 Kilometer galt es mit Vollgas zu bewältigen, um durch diese Platzierung am nächsten Tag eine gute Position in der Startaufstellung zu ergattern.
Bei angenehmen 23 Grad ging es auf den kurzen und relativ flachen Kurs. Mein Partner Danny und ich gaben Gas. Der Singeltrail war ordentlich mit Steinen, bzw. Steinbrocken durchsetzt, so dass es nicht ganz leicht war, auf Linie zu bleiben. Danny entschied sich bei der Materialwahl übrigens für ein Fatbike. Das wunderte mich etwas, dachte mir aber „Als Local wird er schon wissen was er tut.“ Hier zeigte sich die Vorteile meines spritzigen Carbon-Bikes, alles in allem hielt Danny auf seinem Unimog aber gut mit. Mit etwas über einer Stunde im Rennen finishten wir im Mittelfeld. Das brachte uns einen Startplatz im zweiten Startblock.
Ab zum Schlafplatz. Zelt aufbauen und Abendessen.
Hier bleiben keine Wünsche offen: Salate, Pasta und natürlich Humus. Für ausreichend Kohlenhydrate und Protein ist gesorgt. Überhaupt scheint es mir, ist es in Israel sehr schwer hungrig zu bleiben. Es scheint Nationalsport zu sein, sich sehr umfänglich um Gäste zu kümmern und diese mit Essen zu versorgen.
2. Etappe: Ketura – Neot Semadar
Am zweiten Tag wehte renntechnisch ein anderer Wind. 76 Kilometer und 1300 Höhenmeter galt es zu bewältigen. Ein massiver und steiler Anstieg separierte gleich zu Beginn das Feld, sodass auf der folgenden Singeltrail-Passage kein Stau entstand.
Danny ist ein guter Techniker und Kletterer, so dass wir ganz gut harmonierten und wir immer in Sichtweite waren. Es ging schier endlos links, rechts, hoch, runter auf gebauten Singletrails in Richtung Ziel. Durch den abwechslungsreichen Kurs stellte sich bei mir richtig Fahrspaß und Flow ein.
Ich bemerkte kaum, wie die Kilometer an uns vorbeirauschten. Konditionell und kräftemäßig fuhr ich nicht absolut am Anschlag, so waren die Beine im Ziel auch noch recht fit. Wir waren nach 4:35 Stunden im Ziel.
3. Etappe: Neot Semadar – Timna
Am 3. Tag drehte der Negev-Wind auf. Bei frischen 9 Grad und bestimmt 5 Beaufort Windstärke ging es um 7:30 Uhr auf die Strecke. Auch dieses Mal bestand die Strecke aus vielen Singletrails, aber auch aus einigen Flachstücken.
Ich spannte mich vor Danny und versuchte ihn so gut es ging vor dem Wind zu schützen. 20 Kilometer vor Ziel in Timna Park hatten wir Rückenwind und flogen förmlich durch den Teil mit dem tiefen, losen Sand in Richtung Ziel. Hier konnte Danny auf seinem Fatbike punkten. Allerdings auch meine Reifenwahl! Der Schwalbe G-One ging durch den Sand wie nix. Vielleicht hat auch das CycloCross Training und Racing im Winter geholfen? Wer weiß, ein Fehler kann es nicht gewesen sein, denn eine saubere Fahrtechnik sparte hier wirklich extrem Körner. Nach 5:02 Stunden waren wir als 13. Pärchen bei den Herren im Ziel.
4. Etappe: Timna – Timna
Der letzte Tag ist mit insgesamt 52 Kilometern etwas kürzer. Allerdings bleibt festzuhalten, dass davon 32 zusammenhängende (!) Kilometer frisch geshapter Singletrail sind. Der Untergrund war teilweise blanker Felsen und schon recht rauh und holprig.
Auf Dauer half da nur eine sehr aktive Fahrtechnik. Ich ging permanent aus dem Sattel, um die Unebenheiten mit dem Körper auszugleichen. Das zehrte allerdings sehr an der Kraft. Zudem musste man sich hier extrem auf den Trail mit endlosen Kehren und Hügeln konzentrieren, der zudem mit faustgroßen Steinen gespickt war. Während andere Teams hier sichtlich zu kämpfen hatten, war unsere Affinität zu technischem Gelände für Danny und mich wie ein Trumpf im Ärmel und wir konnten das ein oder andere Team überholen. Wir schafften es auch dieses Mal ohne technische Defekte ins Ziel. Unseren 13. Platz bei konnten wir halten und sind mit unserer Platzierung, dem 30. Platz in der Gesamtwertung von ca. 70 Teams super zufrieden.
Fazit
Ich bin superfroh Raz Einladung gefolgt zu sein. Der Samarathon ist definitiv ein Top-Rennen. Die warmen Temperaturen und die Wüstenlandschaft übten auf mich einen ganz besonderen Reiz aus. Der Samarathon bietet sich ideal als Trainingsrennen im Februar an, da man die Strecken auch definitv gut bewältigt, wenn man nicht absolute Höchstform hat. Ein weiteres Plus ist sicher auch die israelische MTB-Community, welche noch recht jung und voller Stolz und Begeisterung für den Sport in Ihrem Land ist. Das sorgt wirklich für eine tolle entspannte Atmosphäre und man findet schnell neue Freunde… oder etwas zu Essen. Ich werde definitiv wieder kommen.
Photo credit: Samarathon.