Leider geil: DAV Skitouren Schnupperkurs
“Eigentlich ist das viel zu aufwendig. Außerdem sind wir schon lange nicht mehr auf Skiern gestanden und überhaupt…
“Eigentlich ist das viel zu aufwendig. Außerdem sind wir schon lange nicht mehr auf Skiern gestanden, und überhaupt liegt das nächste richtige Skigebiet rund zwei Autostunden entfernt. Von Lawinenkunde haben wir keinen Plan und außerdem wenig Lust, uns für ein halbes Vermögen Equipment anzuschaffen.” – so die sachliche Argumentation im Vorfeld.
Trotzdem sitzen wir eines Freitag morgens im Auto auf dem Weg in den Bregenzer Wald. Vor uns liegt ein 3-tägiger Skitouren-Schnupperkurs mit der DAV-Sektion Schwaben.
Tja, was sollen wir sagen? Typisch Frau, hat hier nicht der Kopf, sondern der Bauch entschieden! Und rückblickend war das genau richtig!
Freitag
Wir treffen uns nach der Anreise in Fahrgemeinschaften in Schoppernau auf dem Parkplatz der Materialseilbahn vom Neuhornbachhaus. Dies soll für die kommenden zwei Nächte auch unser Basecamp sein. Nach einem Equipment-Check (LVS-Gerät) schnallen wir uns die Tourenski an und machen uns auf den Weg. Der Anstieg führt auf einem präparierten Fahrweg rund 750 hm in moderater Steigung zur Unterkunft: für das erste Mal auf diesen Latten ideal. Wir sind damit beschäftigt, die Skier und unsere Mitstreiter kennenzulernen. Dass es dabei permanent bergauf geht, merken wir erst, als wir bei der Pause nach gut der halben Wegstrecke ziemlich Kohldampf haben…
750 hm und stetig bergauf zum Neuhornbachhaus.
Die Sonne begleitet uns während des gesamten Anstiegs, und wir sind umgeben von wunderbar glitzerndem Pulverschnee. Die leise Vorahnung auf die bevorstehenden Tage in dieser traumhaft verschneiten Winterlandschaft zaubert ein Grinsen in unsere Gesichter.
Gegen 15:00 Uhr treffen wir an der Unterkunft ein. Doch an Ausruhen ist nicht zu denken. Bevor es morgen auf Tour geht, steht nun Theorie auf dem Programm. Unser Guide Markus legt großen Wert darauf (und das ist auch gut so!), dass jeder sein LVS-Gerät auf Sendemodus eingestellt hat und Schaufel und Sonde eingepackt sind. Für die Tourenplanung lernen wir mit Begriffen wie Lawinenlagebericht, Hangneigung und Windrichtung umzugehen. Da das Wetter ideal ist, üben wir nach einer Theorie-Einheit auch gleich den Umgang mit dem LVS-Gerät im tiefen Schnee.
Das Wetter ist einfach zu gut, um in der Hütte zu sitzen, obwohl uns der Duft von frischem Apfelstrudel selbst einige Meter vor dem Neuhornbachhaus ereilt. Doch wir können nicht anders und schnallen für den Sonnenuntergang auf dem Hausberg nochmals die Ski an.
Samstag
Nachdem wir (zumindest ein Großteil unserer Gruppe) gestern Abend etwas über Sinn, Zweck und Einsatz der Snowcard erfahren hatten, sind bereits beim Frühstück das Wetter und der aktuelle Lawinenlagebericht Thema. Es ist Lawinenstufe 2 gemeldet, an sich gute Voraussetzungen für unsere geplante Tour Richtung Gerachsattel und Hählekopf.
Merke: Je steiler, desto Spitzkehre!
Das Gelände ist ideal für das Erlernen der Spitzkehrentechnik, die – wie wir von Markus erfahren – für sicheres Steigen im Gelände elementar ist. Stolpern wir anfangs eher noch über unsere eigenen Skibeine, so stellt sich der Lernerfolg doch bald ein, und wir erreichen alle mehr oder weniger unversehrt den Gerachsattel. Nach einer Tee- und Riegelpause ziehen wir die Felle von den Skiern, stopfen diese ganz profimäßig unter unsere Jacken und machen uns bereit für die Abfahrt.
Die Abfahrt: Des einen Freud´, des anderen Leid!
Was für manche der einzige Grund des Aufsteigens ist, ist für uns eher mit dem äußerst respektvollen O-Ton “Aha” verbunden. Fairerweise müssen wir an dieser Stelle anmerken, dass unser letztes Pistenski-Erlebnis schon etliche Jahre zurückliegt. “Pistenfahren ist mit Tiefschnee überhaupt nicht zu vergleichen.” – so die Worte von Freunden. Und da wir halbwegs sportlich sind, hat uns diese Aussage eher darin bestärkt, uns zum DAV-Skitouren-Schnupperkurs anzumelden. Mit dem Leitgedanken “wir kommen schon irgendwie runter” machen wir uns also an diese erste, doch ziemlich steile Abfahrt.
Irgendwie kommen wir runter. Entspannt ist das noch nicht, und wir sind ziemlich erleichtert, dass Markus beschließt zum Einstieg nicht auf den Hählekopf zu steigen, der uns aus der Ferne mächtig steil erscheint, sondern auf den vorgelagerten Hügel. Hier toben wir uns nach Herzenslust aus, und es kommt auch bei uns dieses Gefühl von Flow auf, von dem uns Freunde schon mehrfach berichteten! Leider geil! Könnte schon Spaß machen…
Über das Neuhornbachjoch führt uns die Tour wieder zurück und schließlich auf der Aufstiegsroute wieder bergab zur Hütte. Könner laufen sich auf so einer Runde warm. Aber für uns passt das ganz hervorragend. Unser Guide Markus hatte seine heterogene Gruppe sehr gut eingeschätzt und absolut im Sinne der Gruppe entschieden. Wir kommen alle glücklich, zufrieden und unversehrt beim Neuhornbachhaus an und gönnen uns zur Apfelschorle den wohlverdienten Apfelstrudel.
Sonntag
Für heute steht noch eine Tour auf den Falzer Kopf (1.968 m) an. Auch heute befassen wir uns nach dem Frühstück ausführlich mit den sicherheitsrelevanten Kriterien der Tourenplanung. Es ist starker Wind und Föhn gemeldet.
Bevor wir aufbrechen, erfolgt noch der obligatorische Equipment-Check, und wir machen uns direkt hinter der Hütte an den Aufstieg. Rasch gewinnen wir an Höhe, vor uns öffnet sich der weite Blick. Wir fühlen uns frei, wenn auch etwas ehrfürchtig.
Unser Ziel, der Falzer Kopf ist bereits sichtbar. Es gibt heute mehrere Aufsteigsvarianten. Mit verschmitztem Grinsen beschließt Markus, dass sich der Hang perfekt anbietet, um die Spitzkehrentechnik zu verfestigen. Gesagt, getan.
Mit nahezu jedem Meter, den wir ansteigen, spüren wir den immer stärker werdenden Wind. Noch sind wir im Hang und somit geschützt.
Auf dem Kamm angekommen, zerrt der Wind massiv an uns. An eine gemütliche Gipfelrast ist nicht zu denken. Vielmehr sind wir damit beschäftigt, beim Abziehen der Felle diese nicht an eine Windböe zu verlieren und uns für die bevorstehende Abfahrt bereit zu machen.
Ruck zuck sind wir wieder beim Neuhornbachhaus. Wenn auch nur 250 hm niedriger, scheinen wir hier in einer anderen Klimazone zu sein. Die Hüttenterrasse liegt in der Sonne, und von der Hauswand geschützt, bekommt man hier fast nichts mit von dem Sturm auf den umliegenden Gipfeln.
Im T-Shirt genießen wir eine Speckknödelsuppe und eine Apfelschorle. Eigentlich lässt es sich hier sehr gut aushalten. Schade, dass sich unser erstes Skitouren-Wochenende dem Ende zuneigt.
Unsere letzte Abfahrt führt uns auf der Aufstiegsroute vom Freitag bergab. Nach etwa einer halben Stunde sind wir bei den Autos. Nach einer kurzen Feedbackrunde trennen sich hier unsere Wege.
Fazit:
Leider geil! Ein fantastisches Wochenende liegt hinter uns. Für uns war das der perfekte Einstieg in die Welt des Skitouren-Gehens. Allen Neulingen auf diesem Gebiet legen wir an dieser Stelle einen Schnupperkurs ans Herz! Besser hätten wir es nicht treffen können. Danke an unseren Guide Markus und an alle, die an dem Wochenende dabei waren!